Die Sprache der Liebe
Kennen Sie das auch? Sie fühlen sich manchmal ungeliebt, unverstanden oder sogar abgelehnt? Und wenn Sie sich trauen, mit Ihrem Partner darüber zu sprechen, dann weiß der gar nicht, was Sie meinen?
Wenn auch Sie diese Erfahrungen in Ihrer Partnerschaft machen, dann kann es sein, dass Sie und Ihr Partner oder Ihre Partnerin, unterschiedliche „Kommunikationskanäle“ verwenden, um Zuneigung, Interesse und Liebe auszudrücken.
Was ist damit im einzelnen gemeint? Ich mache es an einem Praxisbeispiel deutlich. Vor ein paar Tagen sitzt ein verzweifelter Mann vor mir: „Ich verstehe meine Frau nicht. Ich war eine Woche nicht zuhause. Ich hatte anstrengende Messetermine und war total erschöpt. Und dann hatte ich mich so gefreut, sie und die Kinder wieder zu sehen, und ich hatte mir so gewünscht, dass sie auf mich zukommt und erstmal richtig fest in den Arm nimmt und mir zeigt, wie sehr sie mich vermisst hat. Und was tut sie? (….) Das ist doch das Normalste auf der Welt.“
Ich frage die Ehefrau, die reglos zugehört hat, wie sie die Situation empfunden hat. „Ich hatte mich auch gefreut. Dann kam mein Mann herein, und ich habe gesehen, dass er ganz erschöpft aussah. Ich habe hallo gesagt und gedacht, dass ich ihn am besten erstmal eine Weile in Ruhe lasse, damit er ankommen kann.“
Darauf der Mann: „Aber Du weißt doch, wie gerne ich von Dir in den Arm genommen werde, und wie sehr ich das brauche. Das ist doch völlig normal!“
„Ja, ich weiß, aber ich habe gedacht, dass Du erstmal einen Moment ankommen musst, dass Du einen Moment Zeit für Dich brauchst. Dann wäre ich ja gekommen und hätte Dich umarmt, aber bis dahin hast Du mich schon mit Vorwürfen überhäuft und soviel Druck gemacht, dass ich es schließlich nicht mehr wollte.“
Wenn wir gemeinsam auf dieses Paar schauen, dann fällt auf, dass sie sich die Beiden lieben, und sie diese Zuneigung auch ausdrücken möchten. Gleichzeitig möchten sie die Liebe vom Partner spüren. Beide halten ein bestimmtes Verhalten für „normal“. Der Unterschied zwischen ihnen ist, dass sie sich jeweils anders ausdrücken, dass sie unterschiedliche Sprachen der Liebe sprechen.
Gary Chapman hat dazu ein interessantes Buch geschrieben: Die fünf Sprachen der Liebe – Wie Kommunikation in der Ehe gelingt. Er sagt, dass jeder Mensch eine „Muttersprache“ der Liebe spricht, also die Sprache, durch die er Zuneigung vorzugsweise ausdrückt und die Sprache, die ihm am besten ermöglicht sich geliebt zu fühlen.
Unsere eigene Muttersprache lernen wir früh und häufig kommt in ihr unerfülltes Verlangen und Sehnsüchte aus Kindertagen zum Vorschein. Meistens sehnen wir uns nach etwas, von dem wir zu wenig bekamen und verschenken etwas, was uns besonders wertvoll erscheint.
Welche Sprachen gibt es? Chapman unterscheidet folgende:
1. Lob und Anerkennung
2. Zweisamkeit – Zeit nur für Dich
3. Geschenke, die von Herzen kommen
4. Hilfsbereitschaft
5. Zärtlichkeit
Ich würde aus der Praxis noch eine 6 und 7.Sprache hinzufügen: Nähe, durch miteinander sprechen und die Bedürfnisse des Partners „lesen“, aufmerksam sein.
Schauen wir noch einmal auf das Anfangspaar. Da wird deutlich, dass der Ehemann am intensivsten auf Zärtlichkeit und Berührung reagiert. „Wenn sie mich im Arm hält, dann ist alles gut“, sagte er einmal an anderer Stelle. Und er ist auch derjenige, der immer wieder den erotischen Kontakt zu seiner Frau sucht. In der Berührung fühlt er sich geborgen und geliebt, was nicht von ungefähr kommt. Liebe durch Zärtlichkeit ist unsere erste Muttersprache. So werden wir in unserer Kindheit geliebt. Streicheln, Halten und Körperwärme lassen uns Geborgenheit fühlen. Ohne diese Sprache der Liebe können wir nicht überleben.
Seine Ehefrau spricht eine andere Sprache. Sie versucht die Bedürfnisse zu lesen. Was könnte mein Mann jetzt brauchen? Da für sie selbst Berührungen nicht an erster Stelle stehen, kommt sie nicht auf den Gedanken, ihn sofort herzlich in den Arm zu nehmen, sondern sie fragt sich, was sie selbst in dieser Situation gut brauchen könnte. Das fällt ihr nicht schwer. Als berufstätige Frau mit zwei kleinen Kindern, mit kaum einer freien Minute für sich selbst, wäre das größte Geschenk für sie selbst: Zeit, und genau diese schenkt sie ihm, obwohl sie sich nach einer Woche berufsbedingter Abwesenheit ihres Mannes nach nichts mehr sehnt als Entlastung und einmal Durchatmen.
Leider erkennt sie, dass ihr Geschenk nicht gewürdigt wird, ihr Mann enttäuscht und unzufrieden ist, spürt Vorwürfe, die sie unter Druck setzen. Jetzt kann sie ihm erst recht nicht mehr das geben, wonach er sich am meisten sehnt. Das Wiedersehen, endet in Missverständnissen und Frustration. Beide ziehen sich zurück, bleiben ungehört und fühlen sich ungeliebt.
Wenn wir ehrlich sind, kennen wir solche Situationen. Wir haben die besten Absichten, aber unsere Partnerin oder unser Partner brauchen etwas anderes. Es kommt immer wieder zu Missverständnissen, die sich im schlimmsten Falle nicht mehr auflösen lassen und auf Dauer in eine Liebeskrise führen.
Chapman rät: Lernen Sie die Muttersprache ihres Partners und reflektieren Sie ihre eigene Sprache der Liebe. Dem ist aus meiner Sicht nichts hinzuzufügen. Mehrsprachigkeit macht flexibel und gelingende Kommunikation für wahrscheinlicher. Das Buch kann ich als Reflexionshilfe empfehlen.
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