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Lieben oder Leben – ein Gastbeitrag meines ältesten Bruders

…bald bekomme ich Internet in meine Wohnung, und ich kann dann auch mal von der Ofenbank aus schreiben. Jetzt sitze ich im Wohlfühl-, Lümmel-, Ess-, Koch- und Blumenzimmer meiner Schwester Christiane in Karlsruhe und nutze das internetaffine Umfeld der Stadtmenschen.
Ihrem und meinem Wunsche folgend, widme ich mich endlich mal ihrem Blog „Lust und Liebe“. Liest sich gut! … „Und ob ich auch mal was schreiben möchte?!!!“ So aus männlicher Sicht.
Kann ich wohl verstehen, aber eigentlich habe ich gar keine Lust, mich so intensiv mit Beziehungsfragen (problemen) auseinander zu setzen – bindet immer so viel Energie.

Und ehe ich mich versehe, bin ich mitten drin im Thema und habe meine „Therapeuten-Schwester“ in meiner Überschrift „Lieben oder Leben?“ mit dem kleinen Wort oder herausgefordert. Um mir nicht unnötig Feinde zu machen oder Missverständnisse zu kultivieren – und trotzdem meinem liebevollen Drang zu leichten Provokation nicht untreu zu werden, sei gleich gesagt, dass ein Leben ohne Liebe für mich kein erfülltes Leben sein kann! Damit meine ich aber grundsätzlich die liebevolle Sicht auf das Leben, die Liebe zur Natur oder Schöpfung, die Liebe zu meiner Familie, zum Dialog, der manchmal eben auch „rausgekitzelt“ werden darf.

Wenn  ich ganz „lieb“ und wohlwollend bin, dann bin ich fest davon überzeugt, dass LIEBEN eben einfach L EBEN mit einem I-Tüpfelchen ist, und das bleibt dann auch meist unwidersprochen. Aber ich finde mich auch in jenen Situationen wieder, wo ich nicht unwidersprochen bleibe. Nämlich wenn ich mit Frauen über Liebe gesprochen habe, besonders, wenn wir persönlich betreiligt waren. „…Die Frau, die das mitmacht, die zeig mir erstmal!“, gehört da nicht zu den extremsten Äußerungen. Und dabei geht es nicht mal nur um so heikle Fragen, ob es mir passieren könnte, auch mal mit einer anderen Frau zu schlafen. Wie ich micht kleide – oder eben nicht kleide, ob ich in geselliger Runde wintertags abends nach 21 Uhr den Drang verspüre, Schlafen zu gehen und den Kreis als Erster zu verlassen. Oder zu lange arbeite und sehr knapp zu einer Verabredung komme. (Ich bin Gärtner und arbeite überwiegend an der frischen Luft). Nach weiblicher Sicht sind das alles Dinge, an denen sich ablesen lässt, wie groß meine Wertschätzung für die Personen ist, die ich damit konfrontiere – und eben ganz besonders auch für die Frau an meiner Seite.

Zeitweise habe ich an mir gezweifelt, ob ich in Ordnung bin. Habe schon fast akzeptiert, dass ich wohl nicht bindungs- bzw. beziehungsfähig bin und schon fast geglaubt, dass ich wohl auf Anlehnen und Zärtlichkeit verzichten muss, um den Verdacht nicht zu erhärten, dass ich wohl doch nicht nur auf das „Eine“ aus bin. Aber eben nur fast! Ich frage mich, warum Frauen dazu neigen, IHRE Sicht der Beziehungspflege zur Norm zu machen? Oder sind wir Männer zu bequem, Beziehungspflege auf UNSERE Art zu betreiben?
Es gibt bestimmt so viele Möglichkeiten, im DIALOG zu sein – warum darf es nur eine bestimmte sein? … die weibliche? Ich finde, wir Männer haben auch Sozialkompetenz! Liebe ist mir nicht fremd, habe aber schon fast Angst das Wort zu benutzen, weil ich mich oft nicht verstanden gefühlt habe oder Missverständnisse ausgelöst habe.
Dabei bin ich ein Mann, der einfach Mensch sein möchte – mal Kind, mal verlässlicher Partner, mal auf Tuchfühlung gehend, mal tief, mal platt, mal stark, mal schwach, wissend und neugierig, spüren will mit all seinen Sinnen, Und was mir dann in meiner Hilflosigkeit doch passiert ist; Ich habe die Notbremse gezogen. Nicht mehr mit einer Frau schlafen, denn bis zu diesem Zeitpunkt war ES immer leicht und bereichernd, dann wurden Pflöcke eingeschlagen für Leinen unterschiedlicher Länge. In mancher Richtung waren sie sehr kurz. Aber auch goldenes Schmückwerk sollte mich in die richtige Richtung blicken lassen. Natürlich alles aus Liebe.
Ich verstehe einfach nicht, warum ich auf Entdeckungen im Leben, Bereicherung durch andere Menschen, Ausgestalten eines Lebenssinnes wegen einer „Liebesbeziehung“ verzichten soll. Bisweilen wurde auch der Verzicht von mir als Liebesbeweis gefordert.
Zu guter Letzt, es wird wohl dabei bleiben, ich kann auch die Frauen lieben. Durchaus möglich, dass ich es bald wieder blöd finde, dass ich mit keiner schlafen wollte. Und wenn es dann wieder passiert, hoffe ich auf DIE zu treffen, die Freude an mir hat, weil ich so bin wie ich bin und deren Andersartigkeit ich mit einem breiten, wohlmeinenden Lächeln begegnen kann. Und mich bereichet fühle, und die ich bereichere.

So liebe Schwester – nun hast Du diesen Beitrag als Zeichen meiner Wertschätzung für Deine Arbeit, und das ich zu dem stehe oder internetdumm bin, darf ich mich auch zu erkennen geben.
Bin gespannt, was ich (aus)löse?

 

 

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